Land der Berge, Wehrtürme und der Khinkalis
Nach vier Monaten und 9.000 km haben wir Georgien erreicht. Unglaublich! Und wir verspüren keine Reisemüdigkeit. Im Gegenteil: Immer mehr Länder wecken unser Interesse und erstmalig machen wir einen Zeitplan. Immerhin besteht die berechtigte Sorge zu weit abzukommen und keine Zeit mehr für die Rückfahrt zu haben.
Unsere Augen auf den Kaukasus gerichtet fuhren wir im Nordosten der Türkei nach Georgien ein. Vom Grenzübergang Batumi weiter im Norden hatten wir gehört, dass es Stunden dauern kann und man früh am Morgen kommen sollte. Zu unserer Freude war an unserem Grenzübergang dagegen wenig los. Und dank Baby auf dem Arm durften wir sogar noch die wenigen Grenzgänger überholen, die sich brav in der Schlange anstellten. Die Kontrolle unseres Campers endete Sekunden nach dem Öffnen unserer Schiebetür abrupt. „Ohhhh….. Bebe!!!“ lächelte der zuvor so grimmig schauende Zollbeamte und kniff Jola, die ganz vorbildlich angeschnallt in ihrem Maxi-Cosi saß, liebevoll in ihre runden Wangen. Zum Schluss mussten wir noch eine georgische Autoversicherung abschließen – dafür hier aber immerhin keine Autobahn-Vignette kaufen. Wofür auch…
In Achalziche, einer Kleinstadt nahe der Grenze, genossen wir ein paar Tage Ruhe in einer urigen Wohnung, machten Bekanntschaft mit Khinkalis (gefüllte Teigtaschen, die aussehen wie eingepackte Pralinen), wunderten uns etwas über die oberirdisch kreuz und quer verlaufenden Gasleitungen und sahen viele witzig kleine, quietschend-federnde Autos – ich würde sagen eine Art Sowjet-Trabbi.
Einer unserer ersten Stopps führte uns durch eine fast biblisch anmutende Landschaft nach Vardzia. Vardzia gehört zu den größten Höhlenstadtanlagen weltweit. In einer Felswand erbaut bot sie um das elfte Jahrhundert bis zu 50.000 Menschen Schutz vor Angriffen – eine Art urtümlicher Bunker. Heute ist die Stadt ein Touristenhighlight und Kloster für immerhin noch zwei letzte Mönche.
Wir waren recht früh unterwegs und nutzen die Zeit um auf dem Weg durch das Tal des Flusses Mtkvari ein paar Abstecher zu machen.
Der Abstecher in das Dorf mit den Erdhäusern
In Serpentinen aus der Schlucht hinauf auf ein Plateau führte uns dieser Abstecher in ein Dorf, indem es noch einige Erdhäuser aus längst vergangenen Zeiten zu entdecken gab. Wir parkten Herrn Sumsemann und machten uns zu Fuß auf Erkundungstour. Und tatsächlich: Gut versteckt unter Grashügeln entdeckten wir einige dieser ehemaligen Tarn-Wohnungen.
Die meisten aber waren verfallen oder schienen heute als Ställe genutzt zu werden. Wir schlenderten durch das Bauerndorf und merkten bald, dass die Zeit hier noch langsamer zu laufen schien, als am Ende der türkischen Welt. Man grüßte uns freundlich und schließlich sprach uns eine nette Frau an. Saro, die ehemalige Deutschlehrerin des Dorfes, lud uns spontan auf ihren Hof ein und zauberte innerhalb kürzester Zeit einen ganzen Küchentisch voller Leckereien. Dort saßen wir mit ihrem Sohn und ihrer lustigen Nachbarin zusammen, aßen und tranken gemeinsam selbstgemachte Aprikosen-Limonade. Zum Abschied schenkte sie Jola den kleinen Kuscheltieraffen „Loma“.


Auf dem Rückweg zum Auto hielt uns Pedre, ein kleiner untersetzter, sehr sympathischer Mann, an. Auch er sprach erstaunlich gutes Deutsch und genoss es merkbar dieses nach langer Zeit wieder zu benutzen. Er wollte uns das Erdhaus seiner Eltern und eine alte Kirche im Nachbardorf zeigen. Wenige Minuten später saßen wir im Schlafzimmer seiner Eltern – ungefähr 5 m unter der Erde. Einige der Wohnungen, so erzählte Pedre, seien noch immer bewohnt. Im Sommer sei es schön kühl und im Winter würde sich die Wärme des Ofens gut halten. Aber es gäbe keinen Handyempfang – darum leben nur noch die Alten darin. Generation 4G eben. 😉
Die Wände waren mit schweren Teppichen behangen und oben erblickten wir ein kleines Deckenfenster.112cdxa<S< (das war Jola). Im Flur stand ein Kamin. Von dort gingen das Schlafzimmer, der ca. 10 Meter lange Ausgangs-Flur nach oben und ein weiterer Raum ab. Wir fragten was das für ein Raum sei und die alte Frau lächelte „Dort ist die Küche und der Stall“. Das hier Mensch und Tier zusammen wohnen beindruckte uns sehr denn ehrlicher Weise hätten wir diese Form der Zweckgemeinschaft vielleicht im tiefen Afrika erwartet, nicht aber hier. Und tatsächlich glotzte mich eine junge Kuh an als wir später gemeinsam vor dem Hauseingang Tee tranken. Klar: sie wollte in ihr Zimmer und ich versperrte mit meinem Stuhl den Eingang. Ich ließ sie durch und sie trabte langsam durch den Flur an den verzierten Wänden, einem Sessel, einem kleinen Telefontisch und dem Kamin vorbei in ihr Zimmer. Ein sehr einprägsames, beeindruckendes Erlebnis!


Um ein paar neue Abenteuergeschichten die wir Jola später erzählen können, Loma, 5 Gurken und ein Stück leckersten Bauernkäse reicher, verließen wir die Dörfer und kamen recht spät an einem hübschen Schlafplatz mit Blick auf die Vardzia an. Nachts am Lagerfeuer hörten wir Wölfe heulen. Am nächsten Morgen eröffnete uns der Blick auf hunderte Höhlen die über- und nebeneinander in die, sicher 600 m steil abfallende Felswand vor uns geschlagen waren. Wir machten uns zu Fuß auf den Weg zur Höhlenstadt, gönnten uns dort eine Führung und ließen den Abend ganz gemütlich bei Nudeln, Rotwein und Lagerfeuer ausklingen. Allein ein Esel kam uns in diesen Tagen immer mal wieder besuchen und in Vardzia sahen wir Nachts das Licht in zwei Höhlen brennen. Das mussten die Wohnungen der letzten beiden verbliebenden Mönche sein.



Die georgische Mongolei
Es ging weiter in Richtung Süden. Nah an der armenischen Grenze mussten wir uns schließlich entscheiden: erst Armenien, dann Georgien und am Ende Aserbaidschan oder andersherum? Wir machten uns auf den Weg nach Armenien. Wenige Kilometer vor der Grenze drehten wir jedoch wieder um. Wir müssen beide über diese Situation lachen. Sie ist so typisch für uns. Die spontane Planänderung hat sich gelohnt denn nach wenigen Kilometern befanden wir uns mitten in…. der Mongolei?! Ja, so wie wir uns die Mongolei vorstellen, so sah es hier oben aus. Aus der ca 2.500 m hoch gelegenen Steppenlandschaft ragten hier und da große Vulkankegel hervor, Schäfer trieben ihre riesigen Herden mit Reitpferden über die Hänge, im Horizont nur als Staubwolke erkennbar, kamen uns hin und wieder slalomfahrende Streichholzschachteln aus Blech (besagte Sowjet-Trabbis) entgegen, ein paar gackernde Gänse marschierten am Straßenrand. Wir fuhren vorbei an alten Panzern, an riesigen Türmen aus Kuhdung-Briketts und an vielen zerfallenen und wenigen bewohnten Bauernhäusern. Das einzige was noch fehlte war, dass eine vom Wind getriebene Kugel aus trockenem Gestrüpp an uns vorbeizog (bekannt aus diversen Cowboy-Filmen). Tatsächlich aber war es nicht die Mongolei sondern Javakhetien, ein vulkanisches Hochplateau im Süden Georgiens.

Die Wassermelone die wir den herumstehenden Männern als Dank für die ausgiebige Benutzung der Wasserquelle des Dorfes anboten (in unsren Wassertanks passen rund 140 Liter), wurde abgelehnt. Kurz darauf sahen wir, dass ausgerechnet diese Männer um die Ecke Wassermelonen verkauften – hier, in der ausgedörrten Steppe. Fettnapf!
Spätestens als wir Hilfe aus einem nicht weit entfernten Dorf holen mussten begriffen wir, dass dieses Gebiet zu den ärmlichsten Gegenden Georgiens gehören musste. Viel zu unfruchtbar ist das Land, viel zu kalt scheinen die Winter zu werden (-35°C sagte man uns, seinen normal). Dummerweise hatten wir uns auf der Suche nach einem Schlafplatz in einem Geröllfeld an einem See festgefahren. Die Dorfbewohner sprachen russisch und organisierten, nachdem Sebastian ihnen mit Händen und Füßen das Problem geschildert einen Traktor.


Ich wartete mit Jola am Auto und hörte das knatternde Gefährt, auf dessen Reling Sebastian stolz trohnte, schon von weitem. Wir ließen uns rausziehen und blieben zur Nacht am See stehen. Dieses einsame, ursprüngliche und erbarmungslose Plateau zählt definitiv zu den landschaftlichen Highlights bisher. Nach einer Wanderung um einen der Vulkankegel machten wir uns schließlich in den Norden auf. Nächstes Ziel: der Zentralkaukasus.
Schmerzlich muss Herr Sumsemann erfahren was Wegzoll bedeutet
Eine alte Heerstraße führte uns bis an die Grenze Tschetscheniens (Russlands). Hier kamen uns LKW mit den Werbeaufschriften „Trockenmörtel“, „Deutsche Edelstahlwerke“ und so einige „Dachdecker Müller“ entgegen. Dafür, dass sie zu einer der meistbefahrenen Straßen in Georgien zählt, schockierte uns regelrecht ihr Zustand. Immer wieder fehlten ganze Teile des Straßenbelages. Riesige Löcher die von den Einheimischen meist gekonnt im Slalom umfahren werden. Wir sind darin zwar auch schon geübt, trotzdem mussten wir nicht wenige Male sehr stark abbremsen um in Schrittgeschwindigkeit über diese Schlaglöcher (eigentlich sollte es hier mindestens Schlaggruben heißen) zu fahren. Auf der Tour krabbelte Sebastian geschlagene drei Mal unters Auto um die Unterbodenabdeckung wieder mit Spannguten zu fixieren. Eine gerissene Achs-Manschette, ein kaputtes Kugellager und eine völlig zerfetzte Unterbodenverkleidung war unser Wegzoll zum Katzbegi.


Ein paar Nächte schlugen wir unser Lager in einem schönen Tal, unterhalb eines 5.000ers auf wo Herr Sumsemann und wir uns von den Anfahrtsstrapazen erholen konnten. Eine Nacht verbrachten wir auf über 2.500 m an der Gergeti-Kirche (Georgiens Postkartenmotiv Nr. 1), eine weitere Not-Nacht auf dem Parkplatz eines Klosters. Der nette Mönch, der einen langen weißen Bart und eine schwarze Kutte trug, erklärte mir auf Russisch mit Zeichensprache im Untertitel, dass ich nicht ins Kloster dürfte weil ich eine Frau sei, der Parkplatz davor aber sicher wäre. Und wenn was ist sollen wir rufen. Er sei zwar ein Mönch, habe aber soooo ein großes Gewehr – dabei streckte er seine Arme aus und nickte Stolz. Ich meine auch, er hätte mir kurz zugezwinkert. Sympathischer Mönch!

Aug in Aug mit einem Adler im Zentralkaukasus
Das Wetter und die Landschaft waren viel zu schön um wieder zurück ins Tal zu fahren. Wir blieben also und machten ein paar Tage Stop in Gudauri, einem der größten und bekanntesten Fluggebiete Georgiens. Hier tummelten sich hunderte Tandempiloten und noch viel mehr Flugtouristen aus aller Welt. Am besten gefiel uns das Bild von den ganz in weiß gehüllten Frauen aus einigen arabischen Kleinstaaten: es erinnerte uns an Hui Buh.
Von unserem Schlafhügel aus hatten wir einen grandiosen 360° Blick in die kaukasischen Berge. Nun waren wir wirklich mitten drin im Kaukasus und wir beide hatten ein paar grandiose Gleitschirmflüge. Einer meiner Flüge hat es in die Liste meiner „schönsten Flugerlebnisse ever“ geschafft. Hoch über dem Grat, bei bestem Wetter und klarer Sicht bis weit nach Russland hinein, eröffneten sich mir die umliegenden Schneegipfel mit über 5.000 m Höhe. Ich schaffte es an diesem Abend als einzige in der Luft zu bleiben und hatte dementsprechend den ganzen Himmel für mich. Und nicht, dass das schon an sich ein herrliches Gefühl war, spielte Sebastian mir dann auch noch mein Lieblingsfluglied („welcome home“ von Radical Face) über Funk ein.
In der Thermik steigend machte ich immer mehr Höhe gut und dann war da dieser Moment: Wenige Meter neben mir glitt ein riesiger Steinadler. Er schaute mich an und ich ihn. Gänsehaut! Wir flogen nebeneinander her – Aug in Aug. Wow! Okay, okay… ein bisschen gruselig war das schon. Hin und her gerissen entschied ich mich für ein paar weitere Genuss-Sekunden, bog dann aber aus seiner Flugbahn ab. Nach einer Stunde wurde es langsam wirklich kühl dort oben und ohnehin war es an der Zeit zu landen. Schließlich wollten wir an diesem Tag noch in das nah gelegene Truso-Tal fahren, das im Reiseführer als „geologische Wunderland“ bezeichnet wird.
Das „geologische Wunderland“
Wir trauen Herrn Sumsemann ja schon sehr viel zu, die letzten Kilometer der Anfahrt ins Truso-Tal war aber dann doch eine Nummer zu offroad. Zumal wir weiterhin mit einem sehr mitgenommenen Radlager herumfuhren. Hier oben gab es keine Werkstatt. Wir parkten nahe einer Steilwand und machten uns zu Fuß auf den Weg ins Tal. Der Geruch nach faulen Eiern verfolgte uns auf Schritt und Tritt – die Landschaft aber war es absolut Wert dieses Übel zu ertragen. Ein brodelnder Mineralsee, schwefelige Quellen, Rote Adern, die sich über großflächige mineralische Ablagerungen zogen, grüne Wiesen und der Blick über ein wunderschönes, breites Tal in dessen Horizont sich ein paar alte Wehrtürme erkennen ließen. Zur Nacht wollten wir eigentlich im Truso-Tal bleiben. Doch als wir unsere Picknickdecke am Fluss ausbreiteten sahen wir plötzlich einen riesigen Steinkoloss, der die bröckelige Steilwand hinter Herrn Sumsemann runterdonnerte. Wenige Meter vom Bus entfernt kam er zum Stillstand. Was ein Glück!! Um kein weiteres Risiko einzugehen lief Sebastian gleich zum Auto um es wegzufahren. Auf unserer Flucht in ein kleines Dorf, wurden wir von einem grimmig schauenden Grenzbeamten mit einer Kalaschnikow in der Hand weggescheucht – hier beginnt offensichtlich Südossetien, das Völkerrechtlich zwar zu Georgien gehört, defacto aber unabhängig ist. Seine Unabhängigkeit wird allerdings nur von einer Hand voll Ländern anerkannt. Wir fuhren also ein Tal weiter wo wir zwei ganz entspannte Tage in der Natur verbrachten.



Jola ist übrigens wirklich gut drauf. Sie hat nun 4 Zähne und zwei weitere kündigen sich an. Von Zeit zu Zeit ist sie sehr anhänglich. Ihr Forschergeist hält sie aber am Ende doch meist davon ab, den ganzen Tag nur bei uns auf dem Arm zu sitzen. Sie krabbelt und erforscht ihre Umgebung sehr genau und fängt auch an sich überall hochzuziehen. Wir müssen sie ständig im Auge behalten.
Die Georgier sind sehr viel zurückhaltender im Kontakt zu fremden Babys. Das ist Jola nach der langen Zeit in der Türkei gar nicht mehr gewöhnt. Wir beobachten immer wieder, dass sie Fremde regelrecht dazu auffordert, ihr Beachtung zu schenken und sie auf den Arm zu nehmen. Wo sie früher gegenüber Männern eher ängstlich war, wird jetzt jeder akzeptiert. Andere Babys treffen wir leider nur wenig – Babykatzen gibt es dafür umso häufiger. Ich tippe darauf dass Jolas erste Worte (neben Mama und Papa) „Katze“ und „Kuh“ sein werden. Denn davon treffen wir hier mehr als Menschen. Nicht selten versperren die Kühe die großen Highways oder glotzen uns am Morgen ins Schlafzimmerfenster.
Georgiens Hipster-Metropole und unser Glück im Unglück
Irgendwie sträubten wir uns davor, dann fuhren wir aber schließlich doch nach Tbilisi und verbrachten dort geschlagene sechs Nächte. Vier davon in einer ziemlich heimeligen Altbauwohnung mitten in der Altstadt und zwei unplanmäßig im Bus vor der Wohnung in einer Sackgasse. Unseren Plan weit in den Norden von Georgien zu fahren hatten wir verworfen. Zum Einen weil Jola die Höhe nicht so gut bekam und zum Anderen weil wir uns mal wieder für einen ganz anderen Plan entschieden. Und für den gab es hier in Georgiens Hauptstadt einiges zu organisieren. Wir wollten versuchen das Visum zur Einreise in den Iran zu erhalten. Und so verbrachten wir einige der Tage in Tbilisi damit, mehrfach zur iranischen Botschaft zu fahren, Formulare auszufüllen, Passfotos zu machen, mit dem ADAC zu telefonieren, unsere Eltern zu bitten Unterlagen zu versenden (zur Einreise mit einem eigenen Auto benötigt man besondere Einreiseformulare, die nicht nur einen Haufen Kohle kosten, sondern auch noch nur von Deutschland aus ausgestellt werden können), uns auf die vergebliche Suche nach Sumsemanns Motornummer zu machen, ein paar dutzend hervorragende Kaffees zu trinken, Dollar auf Vorrat abzuheben und Burger zu essen. Unsere Visums (Visa?!) für den Iran haben wir nun in der Tasche – einzig die Dokumente fürs Auto fehlen uns noch. Diese wird der ADAC an einen Campingplatz in Armenien verschicken wenn sie fertig sind.



Tbilisi ist eine schöne Stadt mit einer wirklich beeindruckenden Altstadt. Manche Häuser stehen so schief, dass man sich kaum traut an ihnen vorbei zu gehen. Kulinarisch haben wir es uns dort auch richtig gut gehen lassen. Schließlich waren wir seit Istanbul nicht mehr in einer richtig modernen Stadt mit so gutem Hipster-Food wie „Avocado-Burger“, „pulled-Pork“ oder „Ripeye Steak mit Trüffelpommes“… geil! Nebenbei lief ein riesiger Foto-Upload in die Cloud (noch nie hatten wir so schnelles Internet!), wir ließen die Waschmaschine heiß laufen, Herr Sumsemann wurde geflickt, ein Großeinkauf wurde getätigt und sogar Postkarten konnten mal abgeschickt werden. Für die zerfetzte Unterbodenabdeckung konnte die Werkstatt übrigens wiedererwarten nichts mehr tun. Weiterhin halten 4 Spanngute, 6 Kabelbinder und eine halbe Rolle Panzertape die Fragmente bestmöglich zusammen.
Wir verließen Tbilisi nach Süden. Eine höhenbegrenzende Schranke versperrte uns die Weiterfahrt zum UNESCO-Höhlenkloster „David Gareja“. Aber da wir diese extrem- Huckelpiste eh nur mit einem mulmigen Gefühl fuhren waren wir fast ein wenig erleichtert, dass uns die Entscheidung die Stecke abzubrechen abgenommen wurde. Auf dem Rückweg dann krachte es plötzlich gewaltig. Das Schlagloch war wohl eine Nummer zu tief. Der Motor hörte sich nicht gut an. Der Blick unters Auto verriet uns, dass der Klimakompressor schon fast auf dem Boden schliff. Mist! Entweder die Halterung des Klimakompressors oder die Aufhängung des Motors ist gebrochen. Gott sei Dank gab es Internet und bald hatten wir eine Werkstatt im 25 km entfernten Dorf ausgemacht. Der Besitzer war zwar im Urlaub, sprach aber dafür deutsch und half uns dabei einen Abschleppwagen zu organisieren. Unglaublich, dass wir wieder so viel Glück im Unglück hatten. Ich nutzte die Wartezeit und räumte den Bus ein wenig auf. Aber bald schon kam der Abschleppwagen. Es war einer der Sorte, die man in Deutschland selbst hätte abschleppen lassen. Zügig und unkompliziert lud der dicke Kettenraucher Herr Sumsemann auf um ihn in die Werkstatt zu fahren. Uns wollte er die 25 km lieber laufen lassen, deutete uns dann abber doch Platz zu nehmen und kutschierte uns gemeinsam zur Werkstatt. Dort verbrachten wir den lieben langen Samstag. Denn obwohl das Problem schnell gefunden war (2 von 3 Schrauben der Motoraufhängung waren gebrochen), war es gar nicht so einfach an diese heranzukommen und dann auch noch zu lösen. Immer mal wieder standen 5 Leute gebückt über und unter unserem Motor, dann wiederum tat sich eine halbe Stunde nichts, weil alle Mitarbeiter vor einer Playstation standen um den zwei Kontrahenten bei Karate Kid anzufeuern. Das Ergebnis um halb acht am Abend war eher ernüchternd. Sie konnten nur eine der Schrauben ausbohren und erneuern. Aber das Team versicherte uns, dass es kein Problem sei. Eine Schraube würde gut 9 Tonnen halten. Wir fragen uns, wieviel Kraft da an diesem Schlaglocht gewirkt hat, dass gleich zwei zentimerterdicke Schrauben draufgingen. Das Höhlenkloster besuchten wir nun nicht mehr und machten uns am nächsten Tag nach Armenien auf, wo das Übel seinen Lauf nahm. Aber dazu mehr im nächsten Bericht…


Georgien war landschaftlich bisher eines der spektakulärsten Länder die wir durchfahren sind. Breite Täler, wüstenartige Hochebenen, biblische anmutende Landschaften (so nennt der Reiseführer das), riesige Klosteranlagen, uralte Ruinen, Hochgebirge, Höhlen ohne Ende, blubbernde Mineralquellen, hübsche Vulkane und saftig grüne Wälder… alles war dabei! Es war aber auch der bisher touristischste Fleck unsrer Reise und gleichzeitig der mit den bisher schlechtesten Straßen und todesmutigsten Autofahrern. Allein dazu könnten wir eine lange Geschichte erzählen. Vor allem dort, wo der Tourismus noch nicht richtig angekommen ist, haben wir unglaublich gastfreundliche und sympathische Leute getroffen.
Auch wenn es längst kein Geheimtipp mehr ist: Georgien ist einfach schön! Und hätten wir nicht noch so große Reisepläne, wären wir sicher noch ein bisschen länger in diesem Land der Berge, Wehrtürme und Khinkalis geblieben.
Hier geht es zu einigen der vielen Lieblingsbilder von Georgien.